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Persönliche Berichte

Betroffene berichten über ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Zusammenhang mit der Kirche. Zu den Themen Kirchenaustritt, sexueller Missbrauch, Frauenfeindlichkeit, Machtausübung usw.

Wenn Sie auch diesbezügliche Erfahrungen haben oder Ihre persönlichen Gründe warum Sie aus der Kirche ausgetreten sind,  und diese auch einer breiteren Öffentlichkeit mitteilen wollen, schicken Sie uns bitte ein email: info@meinkirchenaustritt.at

Eine Kultur des Körperkontakts

Dem Falter haben nun drei Männer im Detail ihre Leidensgeschichte erzählt. Sie geben an, vor 25 bis dreißig Jahren vom Priester jenes oststeirischen Dorfes belästigt und missbraucht worden zu sein, bevor dieser ins Burgenland gewechselt ist. Dort werkt er noch heute.
(Namen von der Redaktion geändert)

Damals, am Beginn seiner Karriere in der Oststeiermark, hatte der Pfarrer vor allem ein Steckenpferd: die Jugendarbeit. Er bietet Jungscharausflüge und Lagerfeuerromantik. Er gibt sich als alternativer Kirchenmann, der auch mal „auf die Amtskirche und den Papst schimpfte“, erinnert sich Martin W. Das mögen die Jungen. Und so viel los ist auch nicht im Dorf, dann geht man halt zur Jungschar.

Die Kinder dürfen „du“ zum Pfarrer sagen – beim alten Pfarrer wäre das undenkbar gewesen. Der Pater führt eine Kultur des engen körperlichen Kontakts ein: Frau oder Mann, Kind oder Erwachsener – er umarmt alle und küsst sie auf die Wangen. In anderen Ländern sei das ganz normal, versichert er. In diesem Klima verschwimmen die Grenzen zwischen Nähe und Distanz, es erschwert die Feststellung, wann aus Freundlichkeiten Übergriffe werden.

„Ideal waren für ihn Ministranten, die waren in seiner Einflusssphäre“, sagt Martin W., der damals selbst in der Pfarre ministrierte. Außerdem habe er Buben, „die sehr willig waren, das Taschengeld aufgefettet“. Wobei er erklärte, das Geld sei in seinem Zimmer, man müsse also mitgehen.

Auch zu W. sagt er das, als der etwa zehn Jahre alt war. „Ich bin also mit in sein enges Zimmerl gegangen. Er hat angefangen, mich am Kopf zu berühren, auf den Oberschenkeln und wollte mir einen Zungenkuss geben. Mir hat aber so gegraust – er hatte einen kratzigen Vollbart und war Raucher –, ich habe die Lippen total fest zusammengepresst.“ Da habe der Pfarrer aufgehört.

Das war nicht sein letztes Erlebnis mit dem Pater. „Im Firmunterricht hat er uns Buben gefragt, ob wir schon ‚wichsen‘, wie er das genannt hat. Und wie.“ Auch „ein Schläger“ sei er gewesen. W. erinnert sich an ein Jungscharlager. Er ist etwa zwölf. Abends im Bett blättert er mit einem Freund in Pornoheftln. „Plötzlich steht er hinter uns, nimmt einen Gartenschlauch und schlägt uns voll auf den Rücken. Ich hatte Striemen.“ Auch beim Sternsingen habe er einmal mit einem Weihrauchkessel nach ihm geschlagen. Außerdem habe der Pfarrer mehrmals je zwei Buben in den Urlaub mitgenommen und sich dort an sie herangemacht.

Noch heute mit den damaligen Erlebnissen zu kämpfen hat auch Thomas H.* Er war vierzehn, als er die dunklen Seiten des Pfarrers kennenlernte. „Es war im Rahmen der Firmprüfung, die hat er uns in seinem Zimmer abgenommen. Da musste man sich zu ihm aufs Bett legen, es kam zum Streicheln und zu Zungenküssen.“ Der Pfarrer versuchte, das als normal darzustellen. „Er sagte, das sei Teil der Nächstenliebe und der Zuneigung.“ Ähnliches passierte noch zwei oder drei Mal. H. fühlt sich dadurch bis heute massiv in seiner persönlichen Entwicklung eingeschränkt: „Ich habe ein sehr ausgeprägtes Misstrauen gegenüber Autoritäten.“

Noch weiter gingen die Übergriffe gegen den Ministranten Wolfgang B.*, der glaubt, der Pfarrer habe ausgenutzt, dass es ihm damals als Halbwüchsigem nicht gut ging. B. wuchs bei Pflegeeltern auf, mit fünfzehn kommt er in eine andere Familie und damit neu in die Oststeiermark. Hier hat er niemanden zum Reden, auch nicht in der neuen Familie. Da sich B. in der Schule mit Französisch schwer tut, macht sich der Pfarrer zur Nachhilfe erbötig.

„Beim Lernen hat er rübergegriffen, mir Zungenküsse gegeben. Ich war wie gelähmt, erstarrt“, erinnert sich B. „Er hat gefragt, ob das denn mein früherer Stiefvater nie gemacht habe. So quasi: Hast du nie Zärtlichkeit gekriegt?“ Dann greift ihm der Priester auch auf die Genitalien: „Bis ich gekommen bin. Bei ihm hätte ich es auch tun sollen. Ich habe seinen Penis genommen, er ist auch gekommen. Meist sind wir im Bett gelandet. Zum Schluss gab er mir auch noch Geld, gleichsam als Schweigegeld.“ Das ging etwa zehn Mal so.

Mit dem Unwillen oder gar der Not der Frauen (Kirchen)Politik zu machen, wie es gerade AbtreibungsgegnerInnen samt ihren Seilschaften so gerne tun, ist ein erbarmungsloses Geschäft ohne Mitleid. Hier werden Frauen einfach nur in “die Pflicht” genommen und dann entlassen, damit die eigenen Allmachtsphantasien genügend Platz und Macht haben, um die nächste Frau in die “Pflicht” zu nehmen und zu entlassen. Niemals jedoch schreiten fanatische Moralisten dort so massiv ein, wo es um Forderungen nach einer kinder- und frauengerechten Gesellschaft ginge, gegen das sinnlose Siechen und Sterben von Millionen von Frauen und vor allem Kindern unserer Welt, welches nur aus der von Menschen produzierten Armut resultiert, wenn es also um Frauenrechte, die diese Bezeichnung auch verdienten, geht. Es soll alles beim Alten bleiben, männliche Familien“regenten” wieder gefestigt, ein patriarchales Kinder-Küche-Kirche-Schema zum Hauptanliegen der Frauen gemacht werden. Dann ist ein patriarchales Weltbild in Ordnung.
Quelle: www.falter.at

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Mein Kirchenaustritt

Vom Austreten aus der Katholischen Kirche redete ich schon lange.
Spätestens seit mein Bruder ausgetreten ist, was ich damals mit 16 sehr
faszinierend fand. Ich dachte immer es sei besonders kompliziert, man
müsse von Ponzius zu Pilatus bzw. von Moses zu Abraham, wie auch immer,
ich schob es auf. Als Studentin musste ich sowieso nichts zahlen, und
sobald sie anfangen würden etwas zu fordern, würde ich den behördlichen
Spiessrutenlauf und das Schlechte-Gewissen-Einreden von Kirchenseiten,
mein Bruder hat nach seinem Austritt sogar einen Brief vom Erzbischof
persönlich bekommen, auf mich nehmen. Ganz sicher.

Die erste Forderung kam, doch die konnte ich noch mit dem Nachsenden
einer Studienbestätigung abwinken. So vergingen die Jahre, ich zog von
Linz nach Graz, bekam zu meiner älteren Tochter Hannah noch Zwillinge,
stand im selbständigen Arbeitsleben.  Hannah hatte den Segen der Kirche,
ich lies sie nach Drängen meiner Grossmutter mit eineinhalb Jahren
taufen. Was soll´s, dachte ich mir damals, wenn sie will, kann sie eh
wieder austreten.

Nach drei Jahren in Graz kam der lang erwartete, längstens befürchtete
Brief mit einer Förderung der Katholischen Kirche: sie schätzten mein
Einkommen auf ca. 20 000 Euro, was ihrer Meinung dem Verdienst einer
alleinerziehenden Mutter mit einem Kind entspricht.  Ok, dass ich keine
Alleinerzieherin mehr bin, das können sie nicht wissen, aber was ist mit
den Zwillingen. Wissen die nicht, dass ich noch zwei Kinder hatte. Von
Hannah wussten sie auch. Natürlich, sie sind nicht getauft, demnach
existieren die zwei für die Kirche auch nicht. Die Existenz meiner
beiden Kleinen nicht anzuerkennen war schlimm genug, zudem war die
Forderung  unverschämt hoch, das war genug. Ich rief bei der zuständigen
Kirchenbeitragsstelle an und erklärte ihnen meine Lebenssituation. Die
sehr nette Dame am Telefon versicherte mir alles neu zu berechnen und
eine neue Forderung zu schicken. Darauf hin fragte ich sie ganz nebenbei
noch wie das mit dem Austreten funktioniere und ob ich das gleich bei
ihr machen könnte. Dachte ich doch, dass das über die
Kirchenbeitragsstelle funktioniert, wie bei meinem Bruder, Jahre vorher.
Die nette Dame am Telefon verstummte plötzlich. Mit einer etwas
unfreundlicheren Stimmlage sagte sie mir, dass das nicht sie machen
würde. Auf meine Frage, ja wo ich denn hin müsse, gab sie einen sehr
undeutlichen Kauderwelsch von sich. Wiebitte? Nochmals konnte ich sie
nicht verstehen, vielleicht bekommen sie einen Gehaltsabzug für diese
Auskunft. Drei mal musste ich nachfragen, bis ich verstehen konnte was
sie meinte. Ich müsse zum Kultusamt. Was das Kultusamt ist, bei welcher
Stelle ich es finden könnte, oder gar nach einer Nummer zu fragen war
völlig zwecklos, diese Information könnte ich unmöglich aus ihr
herausbringen. Sehr betreten bat sie mich noch, mir diesen Schritt gut
zu überlegen. Ich könne das Geld auch zweckgebunden spenden, und über
die Höhe meines Beitrages liess sich auch noch sprechen. Na so was, die
Kirche handelt mit sich, noch ein Grund mehr, auszutreten.

Das zweite Telefonat an diesem Tag verlief weitaus sachlicher und
emotionsloser. Auch hier eine sehr nette Dame, sagte mir kurz und bündig
wie so ein Kirschenaustritt funktioniert und was dazu nötig ist.

So tat ich es dann auch:

– Homepage von Graz. – Formulare. – Kirchenaustritt. – Ausdrucken,
ausfüllen, faxen, fertig. (- nicht mal meine Taufurkunde brauchte ich.)

Das wars,! …Das wars, wovor ich mich so lange gedrückt hatte. ist ja
lächerlich! Ich erzählte Hannah von meinem Austritt, und sie bat mich
das auch für sie zu machen. Also hatte ich doch recht, sie kann ja
jederzeit austreten wenn sie will.

Zwei Wochen nach meiner Trennung von der Kirche, kam dann doch noch der
“Schlechtes Gewissen – Brief”. In meinem Fall aber nur vom Pfarrer der
Kirche in meinem Bezirk. Er bat mich um ein persönliches Gespräch,
verstehe viele Beweggründe für einen Austritt,  bat mich aber doch alles
noch mal zu ­­­­­überdenken. Sehr nett und verständig formuliert. Fast
hätte ich ihm zurückgeschrieben. Wollte ihm erklären, warum ich
enttäuscht war von der Kirche, dass ich mit deren Werten nicht umgehen
kann, und davon abgesehen mir schlicht und einfach der Glauben fehlt.

Ich hab diesen Brief natürlich nie geschrieben.

Kein automatischer Kircheneintritt mit der Geburt

Bin mit 18 ausgetreten. Weiß gar nicht mehr was mich mehr störte: Die
grausig-konservative Mittelalterfraktion oder die schwitzende
Alternativszene in der Kirche. Die aktuellen Enthüllungen
(systematischer sexueller Missbrauch von Kindern) zeigen jedenfalls ganz
klar: Es darf keine Bevorzugung der Kirche durch den Staat mehr geben.
Die röm.-kath. Kirche ist viel mehr unter Generalverdacht zu setzen. Und
eine weitere Umkehrung ist notwendig: Es darf keinen automatischen
Kircheneintritt mit der Geburt geben. Wer dann noch immer will, kann ja
als Volljähriger explizit in die Kirche eintreten.

„Ich konnte nicht mehr damit leben“

derStandard.at sprach mit einigen ÖsterreicherInnen darüber, wieso sie der Katholischen Kirche 2010 den Rücken gekehrt haben

87.393 Personen traten im vergangenen Jahr aus der Katholischen Kirche in Österreich aus. derStandard.at fragte einige von ihnen, wieso sie ihrer Kirche den Rücken gekehrt haben, warum genau im Jahr 2010 und unter welchen Bedingungen sie sich eine Rückkehr vorstellen könnten.
Anna: „Ich bin 2010 aus der Kirche ausgetreten, nachdem ich einen Erlagschein der Kirche erhalten habe, mit der Aufforderung meinen Mitgliedsbeitrag der vergangenen Jahre nachzuzahlen – flankiert von der Warnung, dass sonst mit weiteren Schritten zu rechnen sei. Da ich zu dem Zeitpunkt Studentin war, habe ich sie erstens darüber informiert (schließlich müssen Studenten nicht zahlen), zweitens nachgefragt, ob sie das für die richtige Form der ersten Kontaktaufnahme ergo für die richtige Taktik halten und bin drittens aus der Kirche ausgetreten.
Ausgetreten bin ich allerdings nicht nur aufgrund des Mitgliedbeitrags für etwas, womit ich mich in keinster Weise identifizieren kann, und der patzigen Aufforderung zur Zahlung ebendieser, sondern weil ich mich zu keinem Zeitpunkt meines Lebens der Kirche zugehörig gefühlt habe. Die meisten Geschichten, die ich in meinem Familien- und Freundeskreis gehört hatte, waren gelinde gesagt negativ, die nach außen gedrungenen Missbrauchsfälle und vor allem der heuchlerische Umgang der Kirche damit waren dann der endgültige Entschluss zu diesem Schritt.“
Quelle: derstandard.at

„Auszutreten ist mir nicht unbedingt leicht gefallen“

Daniel: „Die Entscheidung 2010 aus der Kirche auszutreten ist mir nicht unbedingt leicht gefallen, und sie hängt jedenfalls nicht mit dem Kirchenbeitrag zusammen. Ich schätze die Kirche als eine Organisation, die vielen Menschen auf unkomplizierte Art und Weise zur Hilfe kommt. Meiner Meinung nach hat sich die Kirche in den letzten Jahrzehnten durch eine übertrieben konservative Einstellung in vielen Fragen des Lebens an die Grenze des gesellschaftlichen Grundkonsenses begeben und leidet nun unter den Folgen. Insbesondere kann ich mich mit der Haltung der Kirche zur Sexualität und zur Gleichberechtigung der Frau schon seit einiger Zeit nicht mehr anfreunden.
Ich vermute, dass in der Haltung der Kirche zu diesen Themen die Ursachen für einige der Skandale, die die Kirche in den letzten Monaten und Jahren erschüttert haben, liegen. Wenn die Kirche es schafft (und das hoffe ich), in den nächsten Jahren den Weg zurück in die Mitte der Gesellschaft einzuschlagen, werde ich sie wieder unterstützen.“
Quelle: derstandard.at

„Wollte eigentlich schon sehr lange austreten“

Claudia: „Ich wollte eigentlich schon sehr lange aus der Kirche austreten, weil ich erstens nicht gläubig bin und zweitens mit der Institution Kirche nie etwas anfangen konnte – obwohl ich durchschnittlich katholisch mit den üblichen Traditionen aufgewachsen bin. Dass ich nicht schon früher ausgetreten bin, lag schlicht daran, dass ich immer zu „faul“ war bzw. auch keine Kirchensteuer zu zahlen hatte und es mir daher nicht weiter aufgefallen ist, dass ich noch dabei war in dem Verein.
2010 waren dann die Missbrauchsfälle und die (Nicht)Reaktion der Kirchenvertreter so etwas wie der letzte Tropfen, der das Fass für mich zum Überlaufen brachte, oder weniger dramatisch: Es hat mich daran erinnert, dass ich austreten wollte. Und genau das hab ich dann getan. 
Wieder eintreten? Keine Option. Und zwar aus dem einen Grund: dass ich nicht gläubig bin und mich auch keiner anderen Religion jemals anschließen würde.“
Quelle: derstandard.at

„Diese Institution hat mich schon immer abgestoßen“

Lisa: „Ich wollte eigentlich schon seit meinem achtzehnten Lebensjahr, also seit ich kann, aus der Kirche austreten. Ich wollte mich mit vierzehn auch nicht firmen lassen und kann mich mit der Religion nicht identifizieren. Die karitative Tätigkeit der Kirche hat mich aber eher von einem Austritt abgehalten. Freunde haben mich auch auf die christlichen Werte aufmerksam gemacht, die ich teilweise schon teile und die meiner Meinung nach für unsere Gesellschaft wichtig sind. Ich kam aber zu dem Schluss, dass man diese Werte auch ohne die Institution der Katholischen Kirche leben kann.
Diese Institution hat mich schon immer abgestoßen, da sie Menschen meiner Meinung nach wie Untergebene behandelt und ihre Anhänger die Freude des Lebens, auch durch ihre weltfremde Sicht gegenüber der Sexualität, nicht leben lässt. Als sich dann im Frühjahr letzten Jahres die Meldungen zu den Missbrauchsfällen in der Katholischen Kirche mehrten, setzte ich meine Überlegungen in die Tat um, weil ich nicht damit leben konnte, dass ich so einer Glaubensgemeinschaft immer noch angehöre.“
Quelle: derstandard.at

„Diesmal endgültig“

Gerhard: „Ich bin damals direkt nach dem Bundesheer (leider war ich kein Zivi) 1999 aus der katholischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten. Ich sah nicht ein, weshalb ich für meinen Glauben bezahlen sollte. Vor allem, da ich vieles in der Kirche nicht gutheiße. Im Großen und Ganzen halte ich „die Kirche“ einfach für sehr rückständig. Außerdem deckt sich mein Glauben bei weitem nicht mit dem der katholischen Lehre. 

Als meine Schwester dann ihr zweites Kind bekam, sollte und wollte ich dessen Taufpate sein. Dafür muss man allerdings wieder beitreten. Das habe ich dann auch getan und danach ca. 5 Jahre brav meine Beiträge bezahlt. Ganz froh war ich allerdings nie, wieder eingetreten zu sein. Wie auch immer – die letzten Ereignisse (die Missbrauchsfälle) haben dann letztendlich den Ausschlag dafür gegeben, dass ich wieder ausgetreten bin. Diesmal endgültig.
Was mich übrigens auch ärgert ist, dass man als Beitragszahler quasi keine Gegenleistungen erhält. Jede Messe kostet, jedes „Ereignis“ (von der Taufe über die Hochzeit bis zum Begräbnis).“
Quelle: derstandard.at

„Missbrauchskandale waren die Ursache“

Iwona: „Ich bin ausgetreten, weil meine persönlichen Wert- und Moralvorstellungen mit der katholischen Kirche nicht vereinbar sind. Es war für mich – besonders nach den Missbrauchsskandalen – reine Heuchelei, die die Kirche betrieben hat. Besonders als Mutter haben mich die Missbrauchsskandale und die Reaktion der katholischen Kirche auf diese ziemlich abgeschreckt. Die Kirche hat sich vor jeder Konsequenz versucht zu drücken und hat sich mit scheinheiligen Aussagen versucht sprichwörtlich aus der Affäre zu ziehen. Es war für mich nur eine Frage der Zeit, bis ich austrete. 2010 war dafür allerdings gut geeignet, da sich hier einiges in der Kirche zugespitzt hat. Ich denke, dass das nicht die Ursache, aber der Auslöser für viele war, auszutreten. Ich werde bestimmt nicht mehr beitreten.“
Quelle: derstandard.at

„Kann mich nicht mehr identifizieren“

Susanne: „Für mich ist der Glaube ein wichtiger und lebendiger Teil meines Lebens. Die katholische Kirche kann diesem Anspruch, lebendig zu sein, schon sehr lange nicht mehr gerecht werden und ihre Traditionen und Institutionen sind veraltet. Aus diesem Grund habe ich beschlossen in eine andere christliche Glaubensgemeinschaft zu wechseln. Der eigentliche Schritt weg von der Kirche passierte schon vor einigen Jahren, aber ausgetreten bin ich erst jetzt. Dass dies 2010 passiert ist, war eher Zufall. Dennoch haben gerade die Missbrauchsfälle mir wieder deutlich gemacht, dass ich mich mit der katholischen Kirche nicht mehr identifizieren kann.“
Quelle: derstandard.at

„Viel zu uneinsichtig“

Eva: „2010 war im Grunde ein Zufallsjahr, denn ich hatte schon seit 2007 überlegt, auszutreten, aber es hat sich 2010 günstig ergeben. Denn mit dem Öffentlichwerden der Missbrauchsskandale hätte der Zeitpunkt für ein Zeichen, dass irgendwas in den „heiligen Hallen“ falsch läuft, nicht besser gewählt werden können. Also ja, mein Austritt kann durchaus damit verbunden werden.
Ein großes „NEIN, nicht korrekt“ zur Reaktion der Kirche und der Kirchenvertreter auf die Missbrauchsskandale der vergangenen Jahre. Viel zu verhalten, viel zu uneinsichtig und vor allem ohne jegliche Lösungsansätze für die Zukunft. Dass diese unfassbaren Missbräuche jetzt an die Öffentlichkeit geraten, vergleiche ich mit (pardon, dem vielleicht unpassenden Vergleich) von Küchenschaben, die unter dem Kühlschrank plötzlich hervor kriechen: Wenn es soweit ist, gibt es sie schon lange! Sorry, aber schon viel zu lange halten die „Männer Gottes“ den Mund. Schweigen ist in diesem Fall nicht Gold. Wiedergutmachung ist in diesem Punkt auch schwer, aber Verarbeitung kann wohl nur mit einem entsprechenden Maß an Selbstkritik gelingen. Und das Zölibat ist ein dumpfer doppelzüngiger Versuch die Priester (und damit die Kirche) keusch und rein erscheinen zu lassen. Das offene Geheimnis ist, dass jeder 2. Priester mit seiner Haushälterin auch eine Partnerschaft pflegt und Kinder in die Welt setzt. Ein weiterer Punkt: die Verhütung, die von der Kirche angeprangert wird obwohl sie das Leid der Menschen, die diesen Verboten blind folgen, sieht.
Ob ich wieder eintreten würde? Nichts könnte mich dazu bewegen, diesem Verein wieder bei zu treten. Nicht einmal der Heiratsantrag des katholischsten und bestaussehendsten Mannes aus einem Königshaus. Spaß beiseite: Aber das öffentliche Eingeständnis des Papstes und seines Gefolges, dass einiges zum Himmel stinkt, ein sensibleres Vorgehen (in der Gegenwart und in Zukunft) mit den Missbräuchen, Verständnis für die Opfer und adäquate Lösungen zur Vermeidung solcher tragischen Handlungen könnte das Ansehen der Kirche und der Entscheidungsträger aufpolieren. “
Quelle: derstandard.at

„Die Kirche diskriminiert Frauen und Homosexuelle“

Stefan: „Zum Austritt haben mich durchaus verschiedene Gründe bewogen. Zunächst sehe ich mich als junger Akademiker dem Agnostizismus verpflichtet, ich respektiere jeden, der an einen Gott glaubt (die Gedanken sind ja frei), auch wenn ich Religion persönlich eher als eine Massen-Psychose betrachte und selbst nicht an Gott glaube. Deshalb hatte es für mich auch keinen Sinn Mitglied der katholischen Kirche zu sein. Doch es gab für mich noch wesentlich wichtigere Gründe. Ich sehe es nämlich auch nicht ein, einen Verein zu unterstützen, der durch seine konservative, blockierende, engstirnige und völlig überholte Einstellung in jedem Punkt meiner persönlichen Einstellung widerspricht. Die Kirche diskriminiert auch bewusst und meiner Meinung nach auf eine absolut ekelhafte Art und Weise gewisse Gruppen, v.a. Frauen und Homosexuelle. Ich finde es auch skandalös, welche kriminellen Machenschaften in der katholischen Kirche abgehen und wie diese vertuscht werden und von der Gesellschaft zum Teil sogar noch stillschweigend hingenommen werden.
Ich habe selbst in meiner Volksschulzeit (und diese ist gerade einmal 14 Jahre her) noch erlebt, wie der Pfarrer im Unterricht regelmäßig Kinder geschlagen hat, von den Vorwürfen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche ganz zu schweigen. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, war dann noch eine Dokumentation, die ich gesehen habe. Diese hat gezeigt hat, wo die Einnahmen aus der Kirchensteuer und den Spenden hinfließen. Und hier war ein sehr geringer Teil für gemeinnützige Zwecke. Als dann ein deutscher Bischof in dieser Dokumentation sagte, dass die Kirche schließlich eine Glaubensgemeinschaft und keine gemeinnützige Organisation sei, hat die katholische Kirche für mich endgültig ihre letzte Existenzberechtigung verloren. Ich persönliche hoffe auch, dass noch viel mehr Menschen zur Besinnung kommen und bei Verfehlungen der Kirche noch viel massiver gegen diese vorgehen.“
Quelle: derstandard.at

„Klage wegen Nichtzahlung der Kirchensteuer“

Ich wurde vor Jahren wegen Nichtzahlung der Kirchensteuer geklagt, weil ich irrig annahm, wenn man nie welche bezahlt hat und sich in Gemeinde am Meldezettel mit O.R.B. anmeldet, wäre man nicht mehr kirchensteuerpflichtig.
Bei der Gerichtsverhandlung sagte der Anwalt der Kirche wortwörtlich: Warum zahlen sie die Kirchensteuer nicht? Wollen sie nicht in den Himmel kommen?“
Meine Tochter, nun im Ausland, und stand offensichtlich unter der selben irrigen Annahme wie ich seinerzeit und wurde jüngst mit Mahnschreiben und Zahlungsaufforderungen (über ca. € 400.-) überhäuft. Sie hat deshalb kürzlich die Kirchenbeitragstelle angerufen und sich nicht zahlungsbereit gezeigt, weil sie nicht gefragt wurde, ob sie als Kind getauft werden wolle und selbst nie etwas mit der Kirche zu tun hatte. Weiters argumentierte, die Kirche solle die Forderung an ihre Eltern stellen. Man gab ihr darauf in der Beitragsstelle folgende Antwort: „Sie sind mit der Taufe Mitglied der Kirche geworden, weil ihre Eltern sie taufen ließen, auch ohne sie zu fragen. Man hat sie schließlich bei der Geburt ja auch nicht gefragt, ob sie österreichische Staatsbürgerin werden wollen“.
Eine starke Sache nicht?
Die Moral von der Geschichte:
Sollte meine Tochter wirklich geklagt werden und zahlen müssen, so werde ich freilich den Schaden, den ich ihr als Elternteil mit der Taufe und der daraus erfolgten Kirchensteuer angetan habe, reuig ersetzen. Die Eltern sollten bedenken, was sie Ihren Kindern mit der Taufe antun.
Sepp Rothwangl per email
www.calendersign.com