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Historische Ursachen der Frauenfeindlichkeit

Da sich die Geistlichen schon von Anbeginn nicht nur in sämtliche Eheangelegenheiten einmischten, sondern auch den Nichtgeistlichen betreffs ihrer Sexualität Vorschriften machten, sollte man sich zunächst einmal mit der Kirche und ihrem Sexualitätsverständnis beschäftigen.
Denn ihre Lust- und Sexualfeindlichkeit und die Psychosen der Geistlichen in bezug auf ihre eigene Geschlechtlichkeit führten schließlich gegen Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit zum Hexenwahn, dem viele Frauen zum Opfer fielen.

Die Lust- und Sexualfeindlichkeit und den Sexualpessimismus hatte die Kirche von den griechischen, römischen und jüdischen Philosophen der Antike übernommen.

Diesen antiken Vorbildern  geistig folgend, stufte die katholische Kirche schließlich die Ehelosigkeit und damit verbunden die sexuelle Enthaltsamkeit für moralisch höher ein als die Ehe. Sexualität und Ehe wurden gleichgesetzt. Der außereheliche Geschlechtsverkehr war kirchlicherseits verboten.

Origines († um 254), einer der bedeutendsten Theologen der katholischen Kirche, stellte als erster Geistlicher die Behauptung auf, dass der Sündenfall von Adam und Eva im Paradies ein sexuelles Vergehen gewesen wäre, das als Erbsünde alle ihre Nachkommen belasten würde. Denn durch diesen Sündenfall wäre jeder neugeborene Mensch durch den elterlichen Zeugungsakt schuldig und sündig.

Diese Theorie wurde von anderen bedeutenden Kirchenvätern aufgegriffen und erweitert.

So sah Augustinus († 430) in der Sexualität der Menschen eine Strafe Gottes für Adam und Evas Sünde im Paradies und vertrat die Auffassung, dass das Kind durch die bei jedem Zeugungsakt vorhandene Lust automatisch mit der Erbsünde befleckt würde.
Seiner Meinung nach unterschied sich die Ehe im Paradies grundsätzlich von der Ehe nach dem Sündenfall. Denn der Zweck der Paradiesehe war einzig und allein die Erzeugung von Nachkommen. Der notwendige Geschlechtsakt geschah dabei angeblich ohne Lustgefühl, da die Geschlechtsorgane im Paradies völlig dem Willen unterworfen waren.

Laut Augustinus konnte nur die Taufe die Menschen von der Erbsünde befreien. So gelangten die schon mit der Erbsünde befleckten, aber noch ungetauften Kinder nicht ins Himmelreich (!)

Im 12. und 13. Jh. wurde schließlich jeder Geschlechtsverkehr wegen der damit verbundenen Lust, auch wenn er der Zeugung von Nachkommen diente, zu einer leichten Sünde. Wer dagegen nur aus reiner Lust den Verkehr beging, sündigte fortan schwer!

Thomas von Aquin († 1274) empfahl, den Ehemann durch „eifrigstes, aber kluges Bemühen von seinem Vorhaben abzubringen“. Klappte dies nicht, mußte die Fraue ihm zur Verfügung stehen, da ihr Mann sonst eventuell eine andere Frau aufsuchen und damit eine schwere Sünde begehen würde. Diese Pflicht zum Geschlechtsverkehr forderte er selbst, wenn der Ehegatte pestkrank war.

Immerhin fanden Augustinus und Albert Magnus († 1280), der Lehrer von Thomas von Aquin, tröstliche Worte für die Frauen, die sich den Wünschen ihrer Männer fügten. Denn laut Augustinus war derjenige Ehepartner sündenmäßig entschuldigt, der den Verkehr nur auf Verlangen des anderen „lustlos“ leistete.

Und Albert Magnus meinte: ‚Wer Verkehr leistet, der billigt nicht, sondern bedauert das geschlechtliche Verlangen des Ehegatten. Er beabsichtigt nicht, dessen Lust zu fördern, sondern die Krankheit des Gatten zu heilen.‘ (in: Uta Ranke-Heinemann, ebenda, S. 188)

Im Laufe des Mittelalters wurde die Sexualität der ‚anderen‘ zum Hauptbeschäftigungsfeld der Kleriker. Denn Fragen über Fragen häuften sich:

Gibt es z.B. einen Geschlechtsverkehr ohne Sünde?

Wilhelm von Auxerre († 1231) meinte dazu: ‚Wenn ein heiliger Mann…seine Frau erkennt und ihm die hierbei auftretende Lust…keineswegs gefällt, vielmehr verhaßt ist, dann ist dieser Verkehr ohne Sünde. Doch das kommt selten vor.

Aber es tauchten noch weitaus schwierigere Fragen auf:

Ist der Geschlechtsverkehr mit einer schönen oder mit einer häßlichen Frau eine größere Sünde? Auch hier waren sich die Vertreter der Kirche nicht einig:

Petrus Cantor († 1197) behauptete, ‚der Verkehr mit einer schönen Frau sei größere Sünde als der mit einer häßlichen Frau, weil er mehr ergötze. Denn die Größe der Lust bestimme die Größe der Sünde.‘

Gegen Ende des 12. und 13. Jhs. versuchten einige Sekten wie die Katharer und die Waldenser die Kirche in ihrer Sexualfeindlichkeit sogar noch zu übertreffen. Sie fanden in der Bevölkerung so großen Zulauf, daß die Kirche sich gegenüber diesen gefährlichen Konkurrenten nur noch wehren konnte, indem sie zum Kreuzzug gegen diese Sekten aufrief.

Somit kann die Sexualfeindlichkeit mit der Frauenfeinlichkeit des Katholzismus gleichgesetzt werden.

Quelle:kleio.org/de/geschichte